Authentizität auf LinkedIn ist zum Buzzword verkommen. Jeder fordert sie, kaum jemand definiert sie.
Die einen teilen Selfies aus dem Urlaub und nennen es authentisch. Die anderen schreiben stundenlang an perfekt durchkomponierten Verletzlichkeits-Posts. Wieder andere kopieren, was gerade im Trend ist, und behaupten, das sei ihre Stimme.
Zeit für eine ehrliche Bestandsaufnahme: Was bedeutet Authentizität auf LinkedIn wirklich? Und wie nutzt du die Plattform, ohne dich zu verbiegen – aber auch ohne in die Falle des übermäßigen Teilens von zu privaten Dingen zu tappen?
Lass uns mit den Missverständnissen aufräumen:
Niemand braucht tägliche Updates über deine inneren Kämpfe. LinkedIn ist eine professionelle Plattform. Deine privaten Beziehungsprobleme gehören nicht hierher.
Jeder Gedanke ungefiltert rauszuhauen ist nicht authentisch – es ist unreif. Authentizität bedeutet, zu wissen, was man sagt und warum.
Diese perfekt konstruierten Ich-war-am-Boden-Posts mit Happy-End? Das ist inszenierte Verletzlichkeit. Und jeder merkt es.
Wenn du den Schreibstil von jemandem kopierst, weil er gut ankommt, bist du nicht authentisch. Du bist ein Nachahmer.
Authentizität auf LinkedIn bedeutet:
Nicht das, was gerade trendy ist. Nicht das, was andere von dir erwarten. Sondern das, wofür du wirklich stehst und was du wirklich kannst.
Auch wenn sie unbequem sind. Auch wenn nicht jeder zustimmt. Standpunkte, die du wirklich vertrittst – nicht solche, die gut ankommen könnten.
Was ist dir wichtig in deiner Arbeit? Welche Prinzipien leitest du nicht? Darüber zu sprechen ist authentisch. Und wenn du über manche Werte bzw. Meinungen im Businesskontext nicht diskutieren willst, lass sie weg.
Nicht die Sprache, die LinkedIn-Gurus empfehlen. Deine. Mit deinen Worten, deinem Rhythmus, deiner Art zu denken.
So geht LinkedIn auch – ganz ohne Stress und ohne das Gefühl, dich verbiegen zu müssen.
Die größte Herausforderung: Wo ist die Grenze zwischen professionell und persönlich?
Meine Regel: Wenn etwas Privates einen professionellen Bezug hat – teile es. Wenn nicht – lass es.
Beispiele:
Okay: Ich habe letzte Woche ein Coaching abgesagt, weil ich krank war. Das hat mich daran erinnert, wie wichtig Grenzen sind – auch für Coaches.
Nicht okay: Ich war letzte Woche krank. Hier sind 10 Fotos von meinem Krankenbett und meine Symptome im Detail.
Okay: Mein Kind hat mich gefragt, warum ich arbeite. Die Frage hat mich zum Nachdenken gebracht über Purpose und Sinnhaftigkeit.
Nicht okay: Mein Kind hat gestern Geburtstag gefeiert. Hier sind 20 Fotos von der Party.
Deine Stimme zu finden ist kein esoterischer Prozess. Es ist Arbeit.
Nicht was du denken solltest. Sondern was du tatsächlich denkst.
Übung: Lies 5 LinkedIn-Posts zu einem Thema aus deinem Bereich. Schreib auf: Was nervt dich? Womit bist du nicht einverstanden? Was fehlt in der Diskussion?
Das sind deine Ausgangspunkte.
Nicht wie du glaubst, dass man auf LinkedIn schreiben sollte. Sondern wie du mit einem Kollegen beim Kaffee sprechen würdest.
Tipp: Diktiere deine Gedanken in ChatGPT und lass dir dort den Post ausformulieren, aber mit der Bitte, sich an deiner Wortwahl zu orietieren.
Test: Lies deinen Post laut vor. Klingt es nach dir? Oder nach einem LinkedIn-Bot?
Geh durch deinen Text und markiere:
Streiche alles. Schreib neu.
Zeig deinen Post jemandem, der dich gut kennt. Frag: Klingt das nach mir? Ehrliche Antwort.
LinkedIn kann für Introvertierte anstrengend sein. Ständige Sichtbarkeit, ständige Interaktion.
Hier sind Strategien, die funktionieren:
Plane einen festen Zeitblock pro Woche für LinkedIn. 2-3 Stunden. In dieser Zeit:
Dann: LinkedIn zu für den Rest der Woche.
2. Asynchrone Kommunikation bevorzugen
Nutze Posts und Artikel statt Live-Videos oder LinkedIn-Audio. Du kannst in Ruhe formulieren, ohne in Echtzeit reagieren zu müssen.
Ein durchdachter Post pro Woche ist mehr wert als tägliche Halbherzigkeiten. Für Introvertierte gilt das besonders.
Du musst nicht jede Kontaktanfrage annehmen. Du musst nicht auf jede Nachricht antworten.
Entscheide bewusst, mit wem du deine Energie teilst.
Ich war lange zu vorsichtig auf LinkedIn. Zu nett. Zu harmlos.
Ich habe Posts geschrieben, von denen ich dachte, sie kämen gut an. Nicht Posts, die ich wirklich sagen wollte.
Das Ergebnis: Mittelmäßige Reichweite, kaum echte Gespräche.
Dann habe ich angefangen, Dinge zu sagen, die ich wirklich denke. Auch wenn sie unbequem sind. Auch wenn nicht jeder zustimmt. Zu bestimmten Themen, wie Politik, halte ich auf LinkedIn allerdings meine Klappe.
Was passiert ist:
Authentizität bedeutet nicht, dass alle dich mögen. Es bedeutet, dass die richtigen Leute dich finden. Also eck ruhig mal an, das trennt die Spreu vom Weizen. Aber überlege dir, zu welchen Themen du weder in Diskussionen einsteigst noch etwas postest.
Tipp: Was ich morgen über mich nicht auf Seite 1 der Bild-Zeitung lesen möchte, poste ich auch nicht auf sozialen Netzwerken.
Authentisch zu sein ist riskant.
Wenn du eine klare Meinung vertrittst, werden manche widersprechen. Wenn du zeigst, wofür du stehst, werden manche das ablehnen.
Das ist der Preis für Authentizität.
Die Alternative: Du bleibst nett, harmlos, angepasst. Jeder findet dich okay. Niemand erinnert sich an dich.
Entscheide selbst, welches Risiko du eingehen willst.
Diese Woche:
Lies 10 Posts in deinem Bereich. Notiere:
Nächste Woche:
Schreib einen Post über einen dieser Punkte. In deinen Worten. Ohne Floskeln.
Ab dann:
Jede Woche ein Post, der wirklich etwas sagt. Nicht was gut ankommen könnte. Sondern was du denkst.
Das ist authentisches LinkedIn. Nicht mehr. Nicht weniger.
Ich helfe dir dabei, dich wohlzufühlen und sichtbar zu werden – ganz ohne Stress und reißerische Selbstdarstellung.
LinkedIn-Beratung anfragen